Ode an die Arbeit, Ode an den Abschied

Wir sind nun auf den Färöer-Inseln, am vorerst nördlichsten Punkt der Reise angekommen. Wie uns Sindbad bis hierhin gebracht hat und was wir erlebt haben, folgt in den nächsten Beiträgen. Nun beginnen wir erst einmal von der Werftzeit und den letzten Vorbereitungen, die im Frühjahr und Sommer diesen Jahren anstanden.

Eine ganz besondere Unterstützung und Begleitung auch schon während der Werftphase ist Marie. Neben ihrem handwerklichen Geschick steht sie mir auch wortgewandt zur Seite, sodass dieser kleine gemeinsame Bericht entstehen konnte. Vielen Dank!

Marie:

Es war ein warmer Sommertag im Juni, als ich mit meinem Auto am Schuppen 6 in Lübeck stand und versuchte, Leo am Telefon zu erreichen. Wir kannten uns nicht, aber ich sollte Kram – Pakete und dergleichen – von Lübeck mit nach Rodby transportieren. Kein Problem. Als er endlich ranging, sagte mir die weiche, aber immer wieder abbrechende Stimme, wo im Hafen ich den Schlüssel herbekommen konnte. Gesagt getan. Mit mehreren Händen voll Bootskram ging es weiter nach Puttgarden, wo Leo mir mit der Fähre entgegenkam. In dem Wissen, dass wir beide eigentlich kein Geld hatten, kaufte ich uns viel zu teure Fährtickets. Auf der Fähre angekommen, versuchte ich herauszufinden, wer der Mensch war, mit dem ich da für ein paar Wochen segeln gehen wollte. Es dauerte ein bisschen, aber bald wusste ich, dass er eine Ausbildung als Nautischer Offiziersassistent gemacht hatte, dass der Motor von Sindbad gerade nicht lief und dass ich sein altes Zuhause, die Krista Rud, bereits aus einem Youtube Video kannte. Schnell war mir klar: Leo ist vernarrt in die See und ins Segeln. Wie schön, noch so einer!

Als wir sehr spät abends ankamen, wartete Jakob – ein anderer potenzieller Mitsegeler- bereits mit dem indischen Lastenrad auf uns, um uns abzuholen. „Das Essen wäre fertig.“ – Das erste, der vielen Male, dass ich diesen schönen Satz am folgenden Wochenende hören durfte. Wir aßen den Linseneintopf und unterhielten uns noch lange. Leo meinte es am nächsten Morgen aber leider ernst, als er am Vorabend ankündigte, um halb 7 aufzustehen. Was soll’s? Ein paar Minuten weitergedöst stand ich auch aus meinem mehr oder weniger gemütlichen Bett am Boden des Containers auf, in dem wir schliefen. Die Liste mit den Dingen, die noch zu erledigen waren, war lang – ein Buch lang, um genau zu sein. Während Jakob noch eine Weile schlief, bis ich ihn mit dem Hämmern an Sindbads Rumpf weckte, kümmerte Leo sich um die neugebauten Masten und ich reparierte die Scheuerleiste. Jakob bekam nach dem Frühstück die ehrenvolle Aufgabe, die Masten und Spieren von Hand zu schleifen – eine Aufgabe, die ihm sichtlich pure Erfüllung brachte. In sehr kurzen und regelmäßigen Abständen wurde ich bei meiner Arbeit von einem hungrigen Leo unterbrochen. Das Projekt schien ihm alle Energiereserven zu rauben und so aß ich an dem Wochenende so viel, wie sonst nie.

Leo:

Neben den Masten und Spieren standen viele andere Dinge auf der langen Liste. Die Bugsektion wurde umfangreich überholt. Neben einer neuen hochseetüchtigen Pallstütze zur Unterstützung des Klüverbaums, entstand ein neuer Frischwassertank aus Edelstahl. Der neue Kettenkasten wurde gebaut. Diverse Holz- und GFK-Reparaturen passierten, sowohl über, als auch unter Deck und diese wollten natürlich allesamt geschliffen und lackiert werden. Als das Ende fast absehbar war, gab der alte Perkins-Motor jedoch immer noch keinen Ton von sich. Ein neuer sollte her. Schließlich erreichte der blaue Nanni-Motor glänzend frisch das Werftgelände. Ich wurde direkt hinzugerufen, alle wussten wie sehr ich auf diesen Motor wartete. In freudiger Euphorie bestaunte ich die frischen Teile, verinnerlichte den genauen Aufbau des Motors. Neben den Explosionszeichnungen stellte ich mir bereits alle Wartungsarbeiten im Kopf vor. Der Motor besitzt einen großartigen Aufbau, sodass die nötigen Anbauteile auf Sindbad gut erreichbar werden sein. Ich war so gespannt dieses Kraftwerk in Betrieb zu setzen. Doch so leicht war es dann leider nicht getan. Im Zuge des Motorwechsels musste auch ein neues Getriebe und eine neue Welle installiert, sowie das Abgas- und Seewassersystem überholt werden.

Die gesamte Erneuerung des Riggs, sowie die Erweiterung der Ausstattung um einen Superwind-Generator und ein Radar brachten einige Schweißarbeiten mit sich. Es sollte alles jedem Wetter standhalten und langfristig sichere Dienste erweisen. Glücklicherweise hatte ich einen erfahrenen Schlosser an meiner Seite, der mich sehr tatkräftig mit Material und wundervollen Schweißnähten unterstützte. Ganz gleich wie viele Aufträge folgten, Windgeneratorhalterung, Radarhalterung, Stevenbeschlag, Kompressorleitungen, Rettungsinselhalterung, Bugkorb, Lümmelbeschläge, neue Mast-Ringbeschläge, Motorfundament, Abgassammler, und und und, Jesper war immer wieder mit ruhiger Hand und voller Zuversicht zur Stelle. Wie so viele trug er so essentiell zu dem Erfolg dieses Projektes bei. Dafür bin ich zutiefst dankbar.

Marie:

Kurz vor Schluss kam dann auch noch ein neuer Propeller. Nach dem Kranen und dem ersten Törn stellte sich der alte Propeller nämlich als zu klein heraus für neuen Motor. Mit neuen Schläuchen, einem neuen Wassertank und einem Kettenkasten mit Fleischwolf-Adapter konnte es dann fast losgehen. Vorher bekam aber die Lollander-Zeitung Wind von Leos Vorhaben und veröffentlichte mehrere Artikel über die bevorstehende Reise. Außerdem wollten Rechnungen bezahlt und Freund*innen und Familie verabschiedet werden. Bei seiner Abschiedsfete im August wurde allen langsam klarer, wie nah Leos Abreise bevorstand. Der Abschied zog sich dennoch eine Weile hin, weil der neue Propeller erst in Lübeck installiert werden konnte. Dafür konnte Sindbad der ersten Testfahrt von Rodbyhavn nach Lübeck unterzogen werden. Außerdem war so auch noch genug Zeit, um ausreichend Crewkleidung zu gestalten und bedrucken zu lassen. Mittlerweile dürften weit und breit Menschen mit Sindbad-Tshirts zu sichten sein. Dennoch – der Abschied kam irgendwann und er war gar nicht so leicht.

Leo:

Wie fühlt sich so ein Abschied an? Ich war mir nicht sicher und hatte während der Arbeitsphase noch nicht viel daran gedacht, was es bedeutete meine Familie, meine engsten Freunde, die mir wohlbekannten Orte hinter mir zu lassen. Das wird schon, innerhalb meiner altbekannten Bordwände bin ich ja zuhause. Doch schließlich – es bahnte sich seinen Weg in der letzten spontanen Werftzeit in Herrenwyk, kamen die angestauten Emotionen hervor. Es stand der Abschied von meinem Vater an. René hat mich in den letzten intensiven Monaten eng begleitet und in jeder Arbeitsphase unterstützt. Wir haben gemeinsam scheinbar endlose Projekte gemeistert und intensive, stressbelastete Phasen durchgestanden. Nun bleibe ich alleine an Bord der Sindbad und er zieht seines Weges. Wie werde ich damit umgehen, von nun an heißt es Kontakt per Telefon und das wahrscheinlich nur unregelmäßig. Das nahm mich durchaus mit und auch das Bewusstsein, sich von allen nahestehenden Personen zu verabschieden, für mehrere Jahre trat nun schleichend ein.

Erst einmal gibt es noch eine letzte Auszeit am Wochenende und ich besuche Marie. Dann wird es ernst. Die letzte Woche steht an. Sie beginnt mit einer kleinen Liste an Aufgaben und wächst täglich mit neuen Herausforderungen. Die Tage sind prall gefüllt, ich düse im Auto vom Händler zur Werkstatt, zur Werft und zu meinen Eltern. Das Boot möchte endgültig proviantiert und gestaut werden. Ein Akt der noch viele Wochen dauern sollte. Ein Schapp effizient zu packen, bedarf einiger Geduld und Ruhe. Auch möchte ich mir noch ein wenig Zeit nehmen, um mein Zuhause und das Dasein bei meiner Familie zu genießen.

Schließlich rückt die Realität nahe: Wenn noch der Kältetechniker an Bord war, starten wir durch. Angepeilter Start ist Mittwoch Abend, schließlich wird es doch der Donnerstag. Doch, solange wir nicht am Freitag auslaufen ist das alles in Ordnung. Denn an einem Freitag zu einem großen Törn aufbrechen, bringt Unglück, so sagt man. Donnerstag also ist es soweit, 1654 an der Pier im Fischereihafen von Travemünde. Der Motor ist warm gelaufen und die Leinen werden los geworfen. Fünf Minuten später dümpeln wir unter Vollzeug in aller Ruhe der Nordermole entgegen. An Bord sind Emil und Mika mit mir, eine gute fantastische Unterstützung, sodass wir wohl einige Meilen zurücklegen sollten. An der Nordermole wartet ein kleines Abschiedskomitee, das Nebelhorn grüßt ein letztes Mal und Travemünde wird kleiner.

Ich bin unterwegs, aufgebrochen zur Weltreise, viele Jahre unter Segeln, auf meiner geliebten Sindbad mit engstem Raum. Es wird noch einige ruhige Nächte brauchen, bis ich in dieser Welt vollum angekommen bin.

Sindbad in der Werft: Aufbruch zu neuen Horizonten

Das geplante Vorweihnachtssegeln Mitte Dezember konnte unglücklicherweise nicht stattfinden, da der Hafen zugefroren war. Stattdessen nutzen wir die Zeit, um die Masten und das stehende Rigg zu vermessen. Das Rigg ist bereits 40 Jahre alt und es ist an der Zeit dieses zu erneuern. Nun ist das Material bestellt und im nächsten Winter kann das neue Rigg installiert werden.

Testfahrt im Museumshafen zu Lübeck

Als die wärmenden Sonnenstrahlen das Eis schmelzen ließen, war eine winterliche Testfahrt im Hafen dennoch möglich. Der Perkins startete ruhig und lief rund. Nichtsdestotrotz enwickelte sich noch immer Dampf vom Zylinderkopf, sobald der Motor warm war. Aufgrund der stabilen Kühlwassertemperatur und des geringen Kühlwasserverlusts sollte das in nächster Zeit kein Problem darstellen. Langfristig werde ich mir das genauer anschauen und den Motor ein weiteres Mal überholen müssen.

Hierfür und auch aufgrund der anstehenden regelmäßigen Arbeiten plante ich die nächste Werftzeit für Sindbad in diesem Frühjahr zu starten. Die letzte mit dem großen Refit war bereits vor drei Jahren. Neben einigen Verbesserungen, wie der Installation des neuen NAVTEX-Empfängers und einer Deckendämmung und neuen Lautsprechern im Salon, müssen die Heizung und der Motor überholt werden. Darüber hinaus ist es geplant nun auch das Cockpit vollständig zu bauen und auch die Zierleisten an den Aufbauten anzupassen und zu installieren, sowie selbstverständlich dem gesamten Boot einen neuen Anstrich zu verpassen.

Überführung in die Werft

Im März war dann die Zeit gekommen, um Sindbad nach Rødby zu überführen. Im Genuss der abendlichen Atmosphäre auf der Trave mit einer sanften Brise segelte ich trotz der geringen Geschwindigkeit von etwa einem Knoten die gesamte Strecke nach Travemünde. Nachdem ich angekommen war, stieg René zu und wir verbrachten die Nacht in bester Gesellschaft längseits der Safier.

Am nächsten Tag machte es uns eine leicht Südwestbrise möglich, auf einem Vorwindkurs Rødbyhavn bei Einbruch der Nacht zu erreichen. Mit Funkunterstützung durch die guard vessel fanden wir einen Weg durch die volle Arbeitszone im Fehmarnbelt, bis wir schlussendlich im Hafen ankamen und die Ruhe der Nacht mit einem Anlegemanöver unter Segeln wahren konnten. Am Morgen nach der Ankunft war der Hafenkran bereit und Sindbad wurde sicher an Land gekrant. Glücklicherweise war das Unterwasserschiff sehr sauber und frei von Bewuchs. Über diesen Anblick nach drei Jahren im Wasser war ich wahrlich glücklich. Es fühlte sich gut an, wieder in der Gesellschaft der Bådeværft zu sein, auch wenn ich mich schon sehr darauf freue, Sindbad wieder im Wasser zu sehen und Kurs auf neue Horizonte zu setzen.

One full week of sailing and reaching Gotland without engine

Entering Sweden

Faster than estimated we reach the border between Sweden and Germany. It feels good to set up the guestcountry flag and we are looking forward to enter the Swedish coast and meet its typical Northern inhabitants. As a tradition which already started in Denmark we celebrate setting up the guest flag by listening to the national anthem and thinking about the country we are heading to and its culture.

Du gamle, du fria

Nightwatches

After two days of good wind and many nautical miles behind us, the wind is slowing down like every evening before. We start the night watches as usual. In our crew that means: about 1830 – 2230 Janos, 2230 – 0230 Leo, 0230 – 0530 Janos, 0530 – 0830 Leo. In the first watch a Cumulonimbus comes in sight. Those clouds are the mightiest clouds that are known in the world. They contain more than 100 million tons of water and are respectfully avoided by ships and planes. Turning winds much higher than 12 Beaufort can be found in and below that cloud. Next to that they can be the cause for a temperature drop of up to 20°C in a few moments. Especially dangerous are upwards winds which can be developed by the Cumulonimbus. Sometimes they are up to 20 kilometers high and look really frightening. In reasons of seamanship we reduce sails and keep sharp lookout for the cloud. After two hours it passes us many miles ahead and we can set up to full sail again and enjoy the beautiful sunset.

Watchkeeping consumes energy. Therefore it is pretty important to have enough snacks outside.

Tradewindsailing

In the night the wind is giving way for a typical sunny windless day. We have about one Beaufort from the aft and we try the trade wind sails for the first time. This configuration works very well, we wish to not have forgotten the spinnaker-boom but even without we can sail up to 60 degrees to the wind direction at almost wind speed.

Anchoring in front of Øland

Thanks to the engine that doesn’t want to start we anchor in front of a small harbour on Øland. There is no wind at all and the sea is flat.

Wood is a wonderful material but grinding and painting never ends…

Two masts, two booms, a wooden cockpit, sliding hatch, the bowsprit and much more is made of wood and oiled in wood look. It looks beautiful but requires a lot of work. This time we want to make a full refit, so everything needs to be grinded and painted later. All the wooden parts are oiled with two layers of Sikkens with pigments and four layers of Osmo UV-protection oil, the masts get two additional layers of Osmo, because they can not be re-oiled that easy. The use of oil for onboard wood has the big advantage that it is more stretchable. Therefore it has less problems with the never stopping movement of the boat.
The grinding is hard work and the painting afterwards requires a lot of patience. In contrast the satisfaction is even bigger after achieving a good result. The cockpit needs to be completely overhauled. René is working on it but it is going to take much more time. It will be made of mahogany wood again and I am excited for the result.